Bierspaziergang Dortmund
Erlebe Dortmund bei einem selbst geführten Bierspaziergang

 

Die Zeit als Dortmund die Bierproduktion in ganz Europa anführte und das „Dortmunder Export“ ein Bier von Weltruf war, scheint lange vorbei zu sein. Doch wer genau hinsieht und die Hinweise zu deuten weiß, kann leicht die Spuren dieser ehemaligen Großindustrie wiederentdecken.
Dieser Bierspaziergang führt dich an bemerkenswerte Stellen der Dortmunder Bierkultur und wird dir an den entsprechenden Orten eine Getränkeempfehlung geben.
Faszinierend ist die Tatsache, dass die wesentlichen Brauereistandorte oft nur wenige hundert Meter voneinander entfernt lagen und uns so die Möglichkeit geben zu Fuß auf Erkundungstour zu gehen.
Herauszustellen ist, dass trotz zahlreicher Fusionen und Firmenaufgaben nach wie vor die traditionelle Biermarken im Handel erhältlich sind und diese nach den erhaltenen Rezepten gebraut werden.

 


 Bierspaziergang


Beim Bierspaziergang bewegst du dich innerhalb des Walls. Du legst 2,5km zurück und benötigst 1-2 Stunden.

Google Maps



Station 1: Bergmann Bier

Dortmunder Bergmann Bier gab es früher und gib es heute wieder.

 

Wir starten unseren Spaziergang am so genannten Bergmann Kiosk. Wenn du zu den Öffnungszeiten hier bist, probiere doch direkt ein Bier vom Ausschank. Im weiteren Verlauf des Spaziergangs wird es vor allem um Pils und Exportbiere gehen, deshalb kannst du hier die Gelegenheit nutzen mit einer etwas ausgefalleneren Biersorte zu beginnen und die Bandbreite moderner Bierkultur zu genießen. Die laufend wechselnden Biersorten am Hahn machen eine Empfehlung quasi unmöglich. Der Bergmann Brauerei fehlt es nicht an kreativen Namen und passenden Bierspezialitäten, will man jedoch in Erfahrung bringen was sich genau hinter den Biernamen "schlanke Mathilde,'72 oder Hopfensünde" verbirgt, hilft nur eine Nachfrage bei der Bestellung. Vorsicht, man landet schnell und unabsichtlich bei Bieren mit höheren Alkoholgehalten. Wer weniger experimentierfreudig ist, greift zum naturtrüben Export, welches auch mal kaltgehopft angeboten wird oder zu den Stammsorten Pils oder Spezial. Wer außerhalb der Öffnungszeiten den Spaziergang beginnt ist sowieso gezwungen auf Flaschenabfüllung zurückzugreifen. Direkt vis-à-vis des Walls, auf der anderen Straßenseite gibt es einen kleinen Kiosk, welcher sich über deinen Besuch freut. Du solltest dort ein Bergmann Bier finden können.
Warum beginnen wir den Spaziergang hier am Bergmann Kiosk. In gewisser Weise zäumen wir hier das Pferd von hinten auf. Die „historische Bergmann Brauerei“ wurde 1796 gegründet und zählte bis zur Schließung 1972 zu den führenden Brauereien in Dortmund. Der Braustandort war etwas außerhalb im Stadtteil Dortmund-Rahm gelegen. Mit Aufgabe der „historischen Bergmann Brauerei“ verschwand auch das Bier vom Markt.
In 2005 erwarb der aktuelle Geschäftsführer, eher aus einer Laune heraus, die Markenrechte und lies daraufhin das „Dortmunder Bergmann Bier“ wieder aufleben.
Das „Dortmunder Bergmann Bier“ ist die einzige Traditionsmarke, welche nicht zur Oetker-Gruppe gehört. Die aktuelle Brauerei liegt im Dortmunder Süden, auf dem ehemaligen Phoenix Gelände im Stadtteil Hörde und ist ein beliebtes Ausflugsziel mit Biergarten.

 

Station 2: Ritter und Union

Das Dortmunder Brauereiviertel

Google Maps

Der Spaziergang führt zur Ritterstraße. Es lohnt sich durchaus erstmal der Langestr. zu folgen und erst an der Augustenstr. oder Möllerstr. rechts, Richtung viel befahrener Rheinischen Straße, abzubiegen. Langestr. Ecke Augustenstr. oder spätestens an der Rheinischen Straße findest du einige Trinkhallen, welche sich freuen wenn du dich hier mit den passenden Bieren versorgst.
Da sich zwischen Rheinischer Straße und den Bahnschienen das sogenannte „Brauereiviertel“ befand, ist die Auswahl an passenden Bieren groß: DAB, Union, Ritter (auch First) oder Brinkhoff’s sind die Marken, welche ehemals genau hier gebraut wurden.

Persönlich finde ich Ritter Export und auch Ritter Pils als sehr ausgewogene und absolut Bierstiltypische Brauereierzeugnisse. Leider sind genau diese nicht immer einfach zu bekommen.

Mit einem Brinkhoff’s No.1 eckt keiner an, es ist ein durchweg gefälliges Bier wohingegen DAB knackig herb daherkommt. Die Unionbiere sind aufgrund ihres kultigen Etiketts und dem Logo herausragend. Auch geschmacklich sind Union Export und Union Siegelpils zu empfehlen.
Weniger bzw. gänzlich ohne Alkohol ist an dieser Stelle ein Brinkhoff’s No.1 0,0% passend.
Viel Auswahl also auch große Brauereien.

In der Tat waren genau hier im Brauereiviertel mit die ausstoßstärksten Brauereien Dortmunds angesiedelt. Links der Ritterstr. (also Richtung Westen) wo heute ein Einkaufspark geöffnet ist, befand sich bis 1969 die Braustätte der Ritter Brauerei. 1969 erfolge ein Umzug der Brauerei in den Stadtteil Lütgendortmund. Das ist am Ortsrand von Dortmund und es wurde dort bis in die 2000er Jahre weiter gebraut. Direkt einen Block weiter in Richtung Westen befand sich bis 1982 die Dortmunder Actien-Brauerei (DAB). Ein „Bier von Weltruf“ DAB wurde und ist bis heute international das bekannteste der Dortmunder Biere. Vielleicht sogar eine der bekanntesten deutschen Biermarken weltweit. Mit aufwendigen Promotion-Touren, unter anderem mit einem eigens angefertigten Bier-Truck, wurde DAB weltweit bekannt.


Tipp: Ein Ausstellungsteil im Brauerei Museum beschäftigt sich genau mit diesem Thema. Zudem hatte mir einmal persönlich ein ehemaliger Promofahrer der DAB beeindruckend von seinen Erlebnissen berichtet, als ich ihn zufällig im Museum traf. Das gesamte Gelände rechts der Ritterstraße war die Fläche der Dortmunder Union Brauerei (DUB).

 

Station 3:

Hövels

Dortmunds ganz spezielles Traditionsbier

 

Es geht nun weiter in Richtung Wall, gern kannst du eine Route direkt über das ehemalige Gelände der Union Brauerei wählen. Falls du zu den Öffnungszeiten des U-Turm vorbei kommst, lohnt sich in jedem Fall ein Blick von oben über die Stadt, auch wenn das mit Bier und Brauerei weniger etwas zu tun hat.
Ob du nun den Weg Richtung Hövels einfach am Wall entlang einschlägst oder eine Wegstrecke über den Westenhellweg (Dortmunds Fußgängerzone und Einkaufsstraße) wählst, bleibt dir überlassen. Sofern du auf eine Einkehr im Stammhaus der Hövels Hausbrauerei verzichten willst, kannst du dir auf dem Weg dorthin sicherlich ein Hövels besorgen. Kiosk und Trinkhallen liegen auf dem Weg. Eine kleine Pause tut jedoch sicherlich gut und nur im Brauhaus kannst du die Sondersude probieren, welche von Winterbock über goldenes Sommerbier entsprechend der Jahreszeit wechseln.
Das Hövels Original war schon immer ein Besonderes Bier. Zu welchem Bierstil das Hövels Original zugehörig ist, hier scheiden sich die Geister. Manche sagen, es wäre ein Altbier, den Begriff Dortmunder Alt habe ich auch schon gehört. Wiederum gibt es Meinungen, die dieses Bier mehr den traditionell Englischen Biersorten zuordnen, dem Bitterbier. Auch gibt es Quellen, die sagen, dass sogar das Englische Bitterbier seine Abstammung in Dortmund haben könnte.
Eines steht jedoch fest, das Hövels Original ist ein besonderes Bier, welches sich gegenüber allen anderen Dortmunder Bieren abhebt. Mit Bernsteinfarbe die bis ins rötliche wandert und dem klaren Schimmer im Glas mit weißem Schaum und das alles in der markanten grünen Bügelflasche ist schon ein Erlebnis für sich. Geschmacklich dominiert eine erfrischende Bittere wobei auch die malzigen und hefigen Aromen erkennbar sind. Beeindruckend ist ein Weizenanteil der beim brauen verwendet wird. Tief versteckt lassen sich bei dieser obergärigen Bierspezialität auch fruchtige Aromen ausmachen.
Die Hövels Hausbrauerei gibt es seit 1984 und wurde in das Verwaltungsgebäude der ehemalige Thier-Brauerei integriert. Bilder vor 1984 zeigen das Gebäude noch ohne Hausbrauerei. Geschichtlich geht das Hövels auf eine einflussreiche Familie zurück die schon im 16. Jahrhundert in Dortmund Bier braute. Das Bier, wie wir es heute trinken, geht auf eine Rezept von 1893 zurück. Damals übernahmen mehr und mehr die untergärigen hellen Biere den Biermarkt. Um so schön der, dass wir heute wieder ein Hövels genießen können. Ein Hövels ist aus Dortmund nicht wegzudenken, oft liegt es im Verkaufspreis etwas höher als die anderen angebotenen Biere, dennoch wird es viel und vor allem gern getrunken. Auch außerhalb Dortmunds findet sich diese Bierspezialität manchmal am Zapfhahn. Ganz überraschend habe ich sowohl in Norddeutschland als auch im Süden schon ein Hövels bekommen. Angeblich wird auch auf den AIDA Kreuzfahrtschiffen Hövels gebraut und angeboten.
Ein Hövels aus der Flasche oder vom Fass wird in der Steigerstraße im Dortmunder Norden bei DAB gebraut. Bei einer Einkehr in der Hausbrauerei erhält man natürlich ein Bier aus den eigenen Sudkesseln.
Gehen wir ein paar Schritt weiter zur Thier Brauerei.

 

Station 4: 

Thier Brauerei

Privatbrauerei mit viel Engagement


  • 1702217171411
  • 1702217171428
  • 1702217171445
Google Maps

 

Das Gelände der Thier Brauerei ist heute ein Einkaufszentrum welches 2011 eröffnet wurde. Es erinnert nicht mehr viel an die ehemalige Brauerei. Sudhaus und Liegenschaftsgebäude wurden größtenteils abgerissen. Nur das Verwaltungsgebäude ist übriggeblieben. Das imposante Foyer mit Galeriegang in der ersten Etage und dem wunderbaren Kronleuchter sind aber noch nahezu im Originalzustand. Hier kann man erahnen welche Wirtschaftskraft und Einfluss Brauereien zu ihren Hochzeiten besaßen. Auch die hervorragende Lage, in mitten der Innenstadt ist für einen Produzierenden Betrieb nach wie vor beeindruckend.

Die Thier Privatbrauerei wurde 1854 von Familie Hövel und Familie Thier gegründet.
In den Nachkriegsjahren bis zur Schließung engagierte sich die Brauerei in Stadt, Kirche und Sport was erheblich zur Beliebtheit beitrug.
Sowieso verbindete man in Dortmund Biere bzw. Marken mit verschiedenen Gruppen, welche dann auch vornehmlich diese Marken konsumierten:
Kronen / Thier / Stifts – Mittelstand und teils sogar je nach Konfession
Bergmann / Hansa – Arbeiter
DAB / Union – Proletariat
Im Rahmen der Konsolidierung des Biermarkts wurde 1992 die Thier-Brauerei dann an die andere Privatbrauerei Kronen verkauft. Vorerst war man froh, dass sich ein Verkauf an die Konzerne vermeiden ließ. Wobei wenige Jahre später auch die Kronen Brauerei dem wirtschaftlichen Druck nicht standhalten konnte und heute ebenfalls zur Radeberger Gruppe gehört.
Leider können wir aktuell nur noch selten ein Thier-Pils genießen. Die Flaschenproduktion ist seit 2015 eingestellt. Um ein Thier-Pils vom Fass zu bekommen bedarf es einiger Recherche.
In der Gaststätte „Zum Alten Markt“ oder in der Kneipe „Lütge-Eck“ sollte man fündig werden.
Zudem hat sich ein Fanclub „THIERfreunde Dortmund“ aufgetan, welcher leider wenig präsent ist, aber die Beliebtheit der Marke nochmals unterstreicht.

 

Station 5: Dortmunder Bierkutscher

Kunst und Bierkultur



 

Wir setzen den Bierspaziergang fort und bewegen uns über den Stadtgarten in Richtung „Alter Markt“. Direkt an der U-Bahnhaltestelle Stadtgarten, Ausgang zum Friedensplatz lässt sich ein Kunstwerk ausmachen - „der Bierkutscher“. Unscheinbar aber doch präsent trägt dieser dickbäuchige Arbeiter seinen Teil zur Dortmunder Bierkultur bei. Auch in Dortmunds Partnerstätten soll es Abbilder dieser Plastik geben und im Brauereimuseum lässt sich eine von vielen Miniaturen finden. Zu einer Zeit als die Wortschöpfung Give-Away noch keine Verwendung fand, wurden die Miniaturfiguren von der DAB-Brauerei an Kunden und Geschäftspartner verschenkt.
Persönlich gefällt es mir gut, dass der Fassträger neben der angenehmen Tätigkeit des Biertrinkens die Arbeit bei der Bierherstellung ins Gedächtnis ruft. Darüber hinaus zeigt, dass neben Braumeistern eine Vielzahl von Beschäftigungsfeldern in Brauereien vorhanden sind und nicht zuletzt der Träger als Versender des Bieres, den Export von Dortmunder Bier, und damit die Glanzzeit der Dortmunder Bierindustrie, nochmals in den Mittelpunkt rückt.

 

Station 6: Wenkers am Markt

Ursprung des Dortmunder Exports




 

Nun weiter zur letzten Station dem Gasthaus „Wenkers am Markt“. Hier und zwar genau hier an dieser Stelle existiert seit mindestens 1430 eine Gaststätte. Schon allein dieser Sachverhalt ist beeindruckend, aber hier passierte noch mehr. 1729 erwarb die Familie Wenker die Gaststätte Krone am Markt und legte damit den Grundstein für die Biermarke Kronen. Kronen ist auch aktuell eine der beliebtesten Dortmunder Biermarken egal ob Pilsner oder Export, Helles oder Winterbier. Mit starken und originellen Marketingkonzepten wird das Kronenbier an den Kunden gebracht. Das ist aber noch nicht alles, hier passierte noch mehr. Das tschechische Pilsener Bier (aus Pilsen) eroberte den Biergeschmack der ganzen Welt. Erstmalig gebraut 1842, zu lesen auf jedem Etikett von Pilsener Urquell, und nur ein Jahr später 1843 gibt es in Dortmund untergäriges Bier in der Krone am Markt mitten in der Stadt zu trinken. Zugegebenermaßen ist belegt, dass es sich bei dem damals ausgeschenkten Kronen eher um ein dunkleres, dunkles Bier gehandelt hatte. Also nicht ganz das, was wir heute mit Dortmunder Bier verbinden würden. Die Fragestellung in welcher Brauerei nun das erste helle Dortmunder Bier gebraut wurde bleibt leider ungeklärt. Tatsächlich meldeten die meisten der Dortmunder Big-Player diese Errungenschaft für sich an. Am Ende entschloss man sich jedoch dazu den hieraus entstandenen Streit beiseite zu legen, allerdings ohne eine Entscheidung zu treffen. Demnach steht fest, in der Krone am Markt liegt der Grundstein des Dortmunder Exportes und damit die Keimzelle der einstigen Bierstadt Nr. 1.

Im Wenkers will man nun natürlich sofort ein Ur-Exportbier trinken. Man wird allerdings sehr schnell feststellen, dass als Standard helles Hausbier das Obergärige Urtrüb ausgeschenkt wird.
Parallel gibt es das Wenkers Schwarzbier, ab und an einen Saisonalen Sud und die Kronen Biere vom Fass. Passend wäre demnach nun erstmals ein kleinen Kronen Export zu trinken, wer auf eine Einkehr verzichten will kann das aus der Flasche tun. Wer sich für eine Einkehr entscheidet, hat die frei Auswahl. Jedoch sollte dann das frische und wirklich gelungene Wenkers Urtrüb zumindest probiert werden.